Diagnose PCOS – was heisst das? Erfahrungsberichte und Expertenmeinung

Diagnose PCOS – was heisst das? Erfahrungsberichte und Expertenmeinung

Photo: Pexels, Polina Zimmermann

Diesen beiden Frauen war lange nicht klar, woran sie eigentlich litten. Wegen Symptomen wie Haarausfall, unregelmässigem Zyklus und Gewichtszunahme, fühlten sie sich unwohl. Die Diagnose: PCOS. Eine unheilbare Krankheit.

Das polyzistische Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine hormonelle Störung, die mit einer Überproduktion von männlichen Hormonen einhergeht. PCOS wurde bisher wenig erforscht und diskutiert. Es ist eine Krankheit, die für Ärzte kaum greifbar ist. Dies führt dazu, dass viele Frauen gar nicht wissen, dass sie an PCOS leiden.

PCOS mit Insulinrestizenz

Es gibt verschiedene Formen. PCOS mit Insulinrestizenz ist die häufigste auftretende From. Die Eierstöcke produzieren zu viel Androgene (Sexualhormone), was zu Insulinresistenz führt. Insulin entnimmt Zucker aus unserem Blut und führt sie zur Energiegewinnung in unsere Zellen. Wenn man dagegen resistent ist, bedeutet dies zu viel Zucker im Blut. Folgen dafür können Diabetes und Gewichtszunahme sein.

Nebennieren-induzierten PCOS

Beim Nebennieren-induzierten PCOS geht es darum, dass in der Nebenniere männliche Sexualhormone sowie die Stresshormone Cortisol und Adrenalin produziert werden. Wird die Nebenniere zu stark gestresst, regt dies die Ausschüttung von Androgynen aus.

PCOS Symptome

Folgende Symptome können bei Frauen mit PCOS auftreten: Haarausfall am Kopf, verstärkte Behaarung am Körper, Gewichtszunahme, Hautprobleme, unregelmässiger oder ausfallender Zyklus, unerfüllter Kinderwunsch. Zwei Frauen haben uns erzählt, wie sie damit leben.

PCOS-Erfahrungsberichte

Jennifer, 21
Dass ich PCOS habe, hätte meine Frauenärztin schon viel früher verstehen müssen. Ich bekam mit 14 Jahren meine Periode, die aber nur all drei Monate einsetzte, mein Testosteronspiegel war höher als normal, meine Stimme tiefer als andere, ich hatte einen schnellen Muskelaufbau und stärkere Behaarung am Körper. Das sind alles Symptome dieser Krankheit. Jedoch nahm meine damalige Frauenärztin das nicht wahr und verschrieb mir als ich 16 Jahre alt war die Pille.

Die Symptome verstummten, mein Zyklus wurde regelmässig – Problem gelöst. Nachdem ich mir zwei Jahre später die Kupferspirale hab einsetzen lassen, kam der Schock und die damit verbundene Diagnose. Im Ultraschall waren viele Zysten auf meinen Eierstöcken gewachsen. Die Behandlung? Die Pille. Weil gemäss meiner Frauenärztin: «Entweder Hormone oder keine Kinder!»

Seitdem habe ich Angst, dass ich tatsächlich nie schwanger werden kann und habe mich bisher noch nicht an eine andere Behandlungsmethode herangewagt. Das Risiko, dass die Zysten wiederkommen, platzen und das Gewebe um meine Eierstöcke zu fest vernarben, ist mir einfach zu gross. Der Kinderwunsch ist zwar noch entfernt, jedoch ist klar, dass es in Zukunft dafür einen Plan braucht. Wie dieser aussieht, weiss ich noch nicht. Momentan beschäftigt mich mehr, dass meine für PCOS verschriebene Pille resp. Nuvaring nicht von der Krankenkasse übernommen wird.

Steffi, 32
Bis mir jemand die Krankheit PCOS erklären konnte, dauerte es viele Jahre. Als Jugendliche hatte ich einen unregelmässigen Zyklus, schlechte Haut und depressive Schübe. Als eine Naturheilpraktikerin ein Blutbild machte, stellte sie ein Hormonungleichgewicht in meinem Körper fest, konnte dieses aber nicht einordnen.

Die Folge war, dass ich angefangen habe die Pille zu nehmen. Als ich sie mit 26 Jahren absetzte, verlor ich büschelweise Haare, was mich psychisch sehr belastete. Ich ging vom Haus-, zum Hautarzt, zum TCM-Spezialisten, zurück zum Frauenarzt. Keiner konnte mir helfen. Der einzige Ausweg schien wieder die Pille zu sein. Irgendwann sagte mein Frauenarzt beiläufig: «Sie haben ja eh PCOS». Auf die Frage, wie sich das behandeln liesse, wurde ich stets auf Hormone zurückgeführt. Eine andere Option gab es für die Schulmediziner*innen nicht – zumal ich keine Insulinresistenz hatte.

Ich war erschüttert und setzte die Pille in Absprache mit meinem Frauenarzt trotzdem ab. Ich wollte einen anderen Weg finden. Es dauerte seine Zeit bis ich nach vielen Recherchen auf meinen aktuellen Arzt gestossen bin, der Schul- mit Alternativmedizin kombiniert. Nachdem er mir die Diagnose Nebennieren-indiziertes PCOS gegeben sowie erklärt hatte, und mir dann noch eine Behandlung vorstellte, kamen mir vor Erleichterung die Tränen. Endlich hatte mich einer verstanden.

Ich stellte meine Ernährung um und wechselte den Job für weniger Stress. Ein Jahr habe ich gewartet, bis meine Periode wieder kam. Mein Zyklus hat sich jetzt normalisiert und ich fühle mich endlich wohl in meinem Körper.

Expertenmeinung

Dr. Simon Feldhaus betreut viele Patientinnen mit PCOS. Wir haben ihn nach seiner Herangehensweise zu dieser unerforschten Krankheit gefragt.

Dr. Feldhaus, warum steht die Forschung zum polyzystische Ovarial-Syndrom noch am Anfang?
Es ist ein «unrentables» Forschungsgebiet mit wenig Aussicht auf das Finden von Arzneimitteln, für die Pharmaindustrie daher uninteressant. Zudem ist die Krankheit komplex und nicht direkt erklärbar, also auch für die Schulmedizin nicht spannend und für Ärzte mühsam, betroffene Frauen zu betreuen.

Oft werden Hormonpräparate, wie die Pille, als einzige Behandlungsmethode verschrieben. Was ist Ihre Herangehensweise?
Hormone können ein Thema sein, aber es ist zwingend die ganze Situation vernetzt zu betrachten. Jeder Fall ist individuell. Wesentliche Punkte sind: Einfluss des Mikrobioms (Darmflora) auf die Geschlechtshormone, Belastung mit toxischen Metallen, Störfelder wie eine Wurzelfüllung aus dem Bereich der Zahnmedizin, und Einflüsse aus dem Bereich der Mikronährstoffe, vor allem Vitamin D, die gegen die Insulinresistenz helfen kann.

Gibt es Hoffnung für Frauen mit PCOS, ihre Symptome in den Griff zu kriegen und den Kinderwunsch zu erfüllen?
Heilungsversprechen wären unseriös. Wenn man nach Diagnosestellung früh und ganzheitlich behandelt, stehen die Chancen gut auf einen Erfolg. Die Erfahrung der Komplementärmedizin zeigt, dass es sich auf jeden Fall lohnt eine ganzheitliche Behandlung zu versuchen, gerade im Hinblick auf einen Kinderwunsch.

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