Das Geheimnis ihrer Liebe

Das Geheimnis ihrer Liebe

Photos: Valeriano Di Domenico

Pegasus-Sänger NOAH VERAGUTH hatte es nie einfach mit Frauen. Mit der Japanerin SAYORI WADA hat er gefunden, wonach er so lange gesucht hat: Verständnis, gemeinsame Leidenschaft und seine Unabhängigkeit.

Das Bild hängt schief. Mit einem zugekniffenen Auge schaut es sich der Pegasus-Sänger Noah Veraguth, 31, von der Seite an. «Wir sind glaub beide handwerklich unbegabt», sagt er und verdreht die Augen. «Wir», das sind er und seine neue Freundin Sayori Wada, 31. Eine Frau mit viel Drive. Etwas, was Noah beeindruckt. Sayori stützt das andere Ende der Leinwand, auf die sie selbst gemalt hat. «Nein, das sind wir wirklich nicht», sagt die gebürtige Japanerin auf Englisch und schüttelt den Kopf.

Bevor Noah und Sayori sich ineinander verliebten, teilten sie sich erst nur diese Wohnung in Berlin – damals noch mit getrennten Schlafzimmern. Heute stellt er sie als seine Lebensgefährtin vor: «Bei uns hat es damals nicht geknistert. Wir waren anfangs Freunde und haben erst mit der Zeit gemerkt, dass wir eigentlich füreinander bestimmt sind.»

Sayori tritt 2016 an einem Folk-Konzert in Noahs Leben. Mit ihr hat der Musiker nun das Geheimrezept der Liebe gefunden. «Wir sind beide Künstler, haben viel gemeinsam und brauchen unsere Unabhängigkeit», so der Bieler. Neben der Musik spielt er jeden Sonntag bei den Neukölln Kickers Fussball. Sie strickt. «Aber wir können auch gemeinsam allein sein», beschreibt Noah ihre Beziehung.

Genauso ist auch ihr Loft in Kreuzberg eingerichtet. Ende letzten Jahres sind sie in das möblierte Apartment eingezogen. Während der Frontsänger im Gästezimmer seine Musikecke besetzt, breitet sich die Illustratorin an ihrem Bürotisch im Wohnzimmer aus. Weiss und minimalistisch ist die Wohnung eingerichtet. «Wir wissen nicht, wie lange wir hier bleiben wollen», sagt Sayori Wada. Zürich und London sind mögliche Alternativen. Zürich, weil da Noahs Familie in der Nähe ist. Und London, weil sie da zum Paar wurden. «Wir haben eine besondere Verbindung zu Grossbritannien», erzählt Sayori. «Irgendwann werden wir ein englisches Country-Haus haben», wirft Noah augenzwinkernd ein.

Bereits jetzt verbringt das Paar wenig Zeit in Berlin. Noah ist Ende Jahr mit seiner Band Pegasus auf Clubtour. Ab und zu begleitet Sayori die Jungs. Vielleicht wird sie auch ein Cover-Bild für die Musikgruppe entwerfen. «Sie versteht sich super mit meinen Kumpels. Das war mir extrem wichtig. Sonst hätte es mit uns nicht funktioniert», so der Leadsänger. Ansonsten ist seine Freundin immer wieder beruflich in Japan. Ihre Illustrationen werden unter anderem auf Kleider gedruckt und in der «japanischen Bahnhofstrasse» verkauft – so der Vergleich von Noah. «Ich hatte mich in Tokio als Künstlerin etabliert. Aber ich brauchte eine neue Herausforderung und entschied mich, nach Deutschland zu kommen», erzählt Sayori. Auch Noah hat den Schritt in ihre fremde Welt gewagt und besuchte die Eltern seiner Freundin. «In meiner Familie ist man anderes Temperament gewohnt», sagt der Berner mit brasilianischen Wurzeln. «Die japanischen Sitten waren mir erst doch sehr fremd.» Dort umarme man sich zum Beispiel nicht, wenn man am Flughafen ankommt. Man gebe sich die Hand, erklärt er. «Und dann soll es ‹funken› – oder eben nicht. Mit Sayoris Eltern hat es auf jeden Fall gefunkt!» Umgekehrt hat auch Noahs Familie Sayori mit offenen Armen empfangen – wortwörtlich.

Die beiden haben bereits ihre eigenen Traditionen entwickelt: Jeden Morgen spazieren sie durch Berlin. Und einmal pro Woche geht es zum Blumenmarkt «der Holländer». «Unsere Wohnung braucht mehr Farbe. Am liebsten würde ich die Wände grün streichen», sagt die Japanerin und schaut die weisse Wand naserümpfend an. Die einzigen Farbtupfer der Wohnung findet man im Regal. Mit Platten, Biografien von Dalai Lama und verschiedenen Beach-Boys-Büchern.

Sayori greift zum Vinyl-Album Ram von Paul und Linda McCartney. «Ich wähle jetzt ein Lied aus», sagt sie. Unverzüglich greift er zur Gitarre und schaut sie fragend an. Sie: «Back Seat of My Car». Er spielt die Melodie und singt. Sie grinst. Er singt lauter, geht mit der Stimme hoch. Sie lacht und stimmt mit ein. «Noahs Worte sind immer ehrlich. Da stecken keine Lügen dahinter. Das liebe ich an ihm», sagt sie, als das Lied zu Ende ist. «Und ich liebe ihre unkonventionelle Art», fügt er hinzu.

Sind Heirat und Kinder schon ein Thema? «Nein, aber wir wollen uns einen Hund zulegen. Nur bezüglich der Rasse sind wir uns noch nicht einig. Sayori wünscht sich einen Weimaraner, ich einen Boxer.» Nicht nur die Hunderasse ist Grund für Diskussionen: «Sayori ist sehr rational. Sie ist im Sternzeichen Jungfrau geboren. Manchmal muss ich gegen ihr pragmatisches Kopfdenken ankämpfen. Ich hingegen bin eher der Emotionale. Krebs halt.» Dem kann Sayori nur zustimmen: «Wir streiten oft, aber nie lange. Und wir sind nicht nachtragend.»

Die beiden stellen das Bild auf dem Sofa ab und lehnen es an die Wand. «Lassen wir es doch vorerst so», entscheidet der Musiker resigniert und schaut seiner Freundin tief in die Augen. Die nickt stillschweigend und unterstreicht mit dieser Geste, was für Noah sowieso bereits klar ist: «Wir verstehen uns einfach. Mal mit, mal ohne Worte.»

Schweizer Illustrierte, 5. Oktober 2018

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