«Ein bisschen bünzlig, aber schön»

«Ein bisschen bünzlig, aber schön»

Photos: Pascal Mora

Wortgewandt und witzig: Slampoetin LISA CHRIST ist mit ihrem ersten Programm viel unterwegs. Ruhe findet sie zu Hause mit ihrem Schatz. Er wäscht gern schmutzige Wäsche.

Lisa Christ, 28, ist neurotisch. Das jedenfalls behauptet ihr Freund Tillmann Ostendarp, 26, als er gerade ihre Wäsche im Garten aufhängt. In der Oltner Stadtmitte, da, wo die Slampoetin in einer Dreier-WG wohnt. Erst legt er einen Pullover über die Wäscheleine, dann … «Nein! Diesen Rock musst du andersrum aufhängen», reklamiert Lisa. «Sie ist neurotisch», wiederholt er kopfschüttelnd und lacht. Sie zieht ihre Augenbrauen hoch – nickt und stimmt zu. Bei ihr muss halt alles präzise sein. Auf der Wäscheleine wie auch in der Sprache.

Die Wortakrobatin Lisa Christ ist bekannt dafür, sich auf der Bühne aufzuregen. Sprachlich fein, lustig und eben – treffend ausgedrückt. An ihren Werken arbeitet sie meist in ihrem Zimmer. «Ich brauche vollkommene Ruhe.» Da formt, schleift, schraubt sie am Text, bis er stimmt. «Auf Hochdeutsch finde ich immer das eine Wort, das akkurat ist und ausdrückt, was ich sagen will.»

Erste Versionen der Texte bekommen entweder ihr Schatz oder direkt das Publikum zu hören. Seit zwei Jahren lebt Christ nun von ihren Auftritten. Zur-zeit ist sie mit ihrem ersten abendfüllenden Programm «Ich brauche neue Schuhe» auf Tour. Aus dem Alltag pflückt sie die nötige Inspiration für neuen Stoff.

Ein Thema, das bei ihr immer wieder auftaucht: der Feminismus. Das Interesse dafür machte sich schon früh bemerkbar. Lisa wuchs als Einzelkind mit ihrer Mutter auf, bei der sie nach der Scheidung lebte. «Meine Mutter ist eine starke Frau, sie war immer ein Vorbild.»

Als Lisa in die Kantonsschule kommt, wohnen sie in Trimbach SO. Später zieht sie alleine nach Bern und dann nach Olten. Als Jugendliche will Christ sich partout nicht in die erwartete Frauenrolle reindrücken lassen. «Es gab als Teenager zwei Möglichkeiten: Entweder man galt als Heilige oder eben als das Gegenteil», erinnert sie sich. Klar ist, Lisa galt nicht als brav. Auch heute weiss die Slampoetin genau, was sie will. Hausfrau? «Nö. Ich bin manchmal sehr faul und lasse mich gern ab und zu bedienen.» Seit zwei Jahren ist sie mit Till zusammen. Er ist Musiker in der Band Faber. «Wir haben ein ähnliches Leben, aber nicht das gleiche», sagt sie. Die beiden sind oft getrennt unterwegs, aber auf den Sonntagabend freuen sie sich besonders. «Den verbringen wir zusammen, wenn möglich. Ein bisschen bünzlig, aber schön.» Lisa schwärmt: «Ich hatte noch nie eine so gute Beziehung. Wir sind auf Augenhöhe, und das gibt mir Halt.» Kochen tut aber lieber er. Als Neurotikerin braucht Lisa stets etwas länger, damit auch alles wirklich perfekt ist.

Schweizer Illustrierte, 14. Juni 2019

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